Beispielaufgabe 3. Semester Im 3. Semester können Sie zwei von vier Schwerpunktbereichen zur vertieften Auseinandersetzung und Profilbildung wählen. Einer dieser Bereiche ist „Migration und Heterogenität im Kontext der Pädagogik“. Im Rahmen der Einführungsvorlesung werden die für diesen Schwerpunkt zentralen Begriffe Migration, Integration, Kultur und Heterogenität erläutert. Die Studierenden erhalten einen Einblick in die Migrationsgeschichte Deutschlands und werden über wichtige Migrationsgruppen und ‑motive informiert. Das Thema der dritten Vorlesungssitzung sind aktuelle Anforderungen an die pädagogische Arbeit. Dabei wird auf „Interkulturelle Kompetenzen“ eingegangen. Zu diesen Kompetenzen gehört ein fundiertes wissenschaftliches Wissen über Grundbegriffe und Ansätze der Interkulturellen Pädagogik. Ein äußerst relevanterer Begriff ist hier der Kulturbegriff. Dieser wird von der Dozentin vorgestellt; dabei bezieht sie sich u.a. auf die folgende Präsentationsfolie zum Alltagsverständnis von Kultur: Die Dozentin stellt das wissenschaftliche Kulturverständnis nach Leiprecht (2008) vor: Im Gegensatz zum Alltagsverständnis wird in diesem davon ausgegangen, dass Kulturen nicht einheitlich, homogen und statisch sind, sondern dynamisch, prozesshaft und vielfältig. Kulturen werden als Systeme von Symbolen verstanden. Diese bieten Menschen unter anderem Orientierung in ihrem Alltag. Für die pädagogische Arbeit ist es sehr wichtig zu wissen, dass Menschen in ihrem Verhalten nicht völlig durch eine Kultur determiniert werden. Aus diesem Wissen ergibt sich die Anforderung, dass Pädagog*innen erst erschließen müssen, ob und wenn ja, welche Bedeutung kulturelle Muster, Normen und Werte für die jeweiligen Menschen haben, mit denen sie arbeiten. Zur Nachbereitung des Themas soll der in der Vorlesung angesprochene Text von Leiprecht gelesen und bearbeitet werden. Textauszug aus Leiprecht (2008, S. 142–144) Auernheimer [hält] heute fest, dass es mittlerweile für die Interkulturelle Pädagogik zum Konsens geworden sei, „Kulturen erstens als heterogen, nicht homogen und geschlossen und zweitens als prozesshaft, dynamisch zu verstehen (Auernheimer 2003a, S. 75). Kulturen sind also dieser Auffassung zufolge keine unveränderbaren und einheitlichen Gebilde. […] Die Grenzen der besonderen Lebensweise einer Gruppe oder einer Gesellschaft sind keineswegs eindeutig, sondern eher diffus. Kulturen sind als für Veränderungen, Anpassungen und Überlagerungen offene Systeme zu betrachten. Insgesamt lassen sich aus meiner Perspektive zusammenfassend die folgenden Begriffsmerkmale, die für die Interkulturelle Pädagogik heute von Bedeutung sind, darstellen: Kultur wird im sozial- und erziehungswissenschaftlichen Sinne definiert als ein bestimmtes Repertoire von Bedeutungsmustern und Zeichensystemen (Werte, Normen, Bräuche und andere Verhaltensregeln, allgemeine Wissensstände und „Selbstverständlichkeiten“, Traditionen, Rituale, Routinen, Glaubensvorstellungen, Mythen usw.), über das Gruppen oder Gesellschaften verfügen. Dieses Repertoire hat Orientierungsfunktionen. Es macht das gesellschaftliche Leben verstehbar und verleiht ihm zugleich eine besondere Bedeutung […] Allerdings sollte man sich nicht dazu verleiten lassen, Kultur auf Nationalkultur zu reduzieren. Innerhalb einer nationalen Gesellschaft existieren stets verschiedene kulturelle Bedeutungsmuster/Zeichensysteme und Lebensweisen (verschiedene Subkulturen, Jugendkulturen, Klassenkulturen, Regionalkulturen, Einwandererkulturen, städtische und bäuerliche Kulturen usw.) […] Trotz dieser unverzichtbaren Differenzierungen wird man in Gruppen und/oder Gesellschaften immer wieder auch dominierende Formen feststellen können. Die Frage, was genau in einer Gruppe und/oder Gesellschaft als „normal“ zu gelten hat und was nicht, hat einen normativen Aspekt und kann mit Macht, Unterwerfung und Normalisierungszwang verbunden sein. […] Die Wirksamkeit kultureller Kontexte gegenüber den einzelnen Menschen darf nicht als bloße Determination interpretiert werden, da sonst weder Erneuerung noch Veränderung noch alternative und widerständige Entwicklungen denkbar sind. Kulturelle Bedeutungsmuster und Zeichensysteme sind keineswegs immer klar, eindeutig oder widerspruchsfrei. Im Gegenteil: Sie lassen Raum für verschiedene Deutungen und Interpretationen. Solche Deutungen und Interpretationen können umstritten oder umkämpft sein.Leiprecht (2008) formuliert in seinem Text Aspekte eines angemessenen Kulturbegriffs der Interkulturellen Pädagogik. Welche der folgenden Aussagen, denken Sie, stimmen damit überein?*Selbsteinschätzung (für Sie Zutreffendes bitte entsprechend ankreuzen) A. Werte und Normen werden als elementare Bestandteile von Kulturen verstanden, sie bieten Orientierung. B. Innerhalb einer Gesellschaft gibt es eine spezifische Form der Nationalkultur, die für alle Mitglieder bindend ist. C. Kulturelle Zeichensysteme und Bedeutungen sind nicht immer eindeutig, sondern offen für Interpretationen und Deutungen, die auch kontrovers diskutiert werden können. D. Kulturen sind statisch und verändern sich nicht.